Reimerische Klinik
Entstehung der Klinik unter dem Begründer Dr. Reimer
Es ist zu vermuten, dass die intellektuellen Kreise des Vaters Georg Andreas Reimer, ein seinerzeit bekannter Berliner Buchhändler, Einfluss auf seinen jüngsten Sohn Herrmann Andreas Reimer hatten. Unter ihnen war der Freiherr von und zum Stein, der Theologe und Philosoph Friedrich Schleiermacher, der Schriftsteller und Freiheitskämpfer Ernst Moritz Arndt. Eine familiäre Verbindung ergab sich zu dem Mediziner Prof. Karl Gustav Jung dem Älteren, der ebenfalls freundschaftlich mit dem Haus verbunden war. Reimer heiratete dessen Tochter Anna. Der Enkel Karl Gustav Jungs wird im 20. Jhd. weltberühmt für seine Psychoanalytik: Es ist Carl Gustav Jung (C. G. Jung).
Dr. Reimer ließ sich als praktischer Arzt und Armenarzt im Oktober 1850 - ein Monat nach seiner Hochzeit in Basel - in Görlitz nieder. Im Jahre 1854 stellte er einen Antrag auf Erbauung einer „Anstalt für Epileptische der höheren Stände“. Die Klinik umfasste drei Gebäude am Obermühlweg mit Blick auf die Neiße und ins Riesengebirge.
1855 öffnete die erste Spezialklinik ihrer Art für an Epilepsie Erkrankte ihre Pforten in Görlitz. Dr. Reimer wollte mit seiner Einrichtung auch einen Beitrag zur Erforschung der Erkrankung leisten. Diese Privatklinik war zu ihrer Zeit eine einmalige Einrichtung in Deutschland, weil sie unter ärztlicher Leitung stand. Helmut Heintel schreibt ihr eine weltweit einmalige Stellung zu: 1862 entstand s. E. die zweite Klinik dieser Art in Tettnang, 1891 in den USA die dritte.
Die Heilanstalt erfreute sich zunächst allerdings aufgrund der hohen Kosten für die Patienten wenig Zulauf. Daraufhin wurden kurze Zeit später im Jahre 1856 die ersten Nerven- und Gemütskranken aufgenommen. Der Ruf seiner für damalige Verhältnisse komfortablen Klinik verbreitete sich schnell. Die gemütskranke Minna Herzlieb war sicherlich eine der bekanntesten seiner deutschen Patienten. Goethes einst jugendliche Muse verstarb leider ein Jahr nach ihrem Zugang im Sommer 1865 in der Klinik.
1867 suchte Reimer eine passende und verantwortungsvolle Persönlichkeit, die dem Anspruch seiner Klinik gerecht werden sollte und berief Dr. Karl Ludwig Kahlbaum nach Görlitz. Er wurde zunächst als zweiter Arzt in der Klinik tätig. Begeistert von dem Menschen Dr. Kahlbaum verkaufte Reimer ihm seine Klinik 1867, wohl wissend, dass sie nun in guten Händen war, wie folgender begeisterter Ausspruch Reimers belegt:
„Jetzt habe ich endlich den richtigen Käufer; der steht des Morgens schon um 4 Uhr auf, um zu arbeiten und kocht sich seinen Kaffee selbst. Der soll meine Anstalt haben!“
Zitat: Dr. Reimer